Die Konferenz für mehr Frauen in Medien und Politik
– das klang vielversprechend, und dann auch noch in Leipzig! Also begaben sich drei Klickkomplizinnen am 12. und 13. April in die Media City des MDR. Unsere Motivation war es, sich, weniger fachlich, umso mehr aber persönlich, weiterzubilden. Ich möchte euch hier einen kleinen Einblick in das Format geben.
Das Programm versprach schon vorab zwei vollgepackte Tage mit vielen interessanten Panels, Gesprächsrunden und Hintergrundgesprächen im kleinen Rahmen. Was bzw. besser gesagt, wer, mich eigentlich zur femMit zog, waren die vielen Frauen (und auch einige Männer), bekannte Gesichter aus den Feldern der Medien und Politik, die ich gern einmal in Realität erleben wollte. Und: nein, es war keine Konferenz nur für „waschechte“ Feministinnen.
Fakten zur Gleichberechtigung
So starteten wir am ersten Tag mit einer Begrüßung der Veranstalterin der Konferenz, Romina Stawowy, die mit ihrem Team aus Dresden und als Inhaberin der Agentur bzw. des Verlages „StaWOWy“, die femMit zum ersten Mal organisiert hatte. Daraufhin folgte die Keynote von Prof. Karola Wille, der Intendantin des MDR, die noch einmal zum Auftakt die Fakten betonte:
- Der Anteil der Frauen im Bundestag ist nach der letzten Wahl in 2017 auf ein Niveau wie vor 20 Jahren gesunken (u.a. dem Einzug der AfD in den Bundestag geschuldet).
- Trotz rechtlicher Gleichstellung, welche vor 70 Jahren im Gesetz verankert wurde, herrscht in unserer aktuellen Lebensrealität keine Chancengleichheit.
- Der aktuelle Gender Pay Gap beträgt, wie auch in den Vorjahren schon, 21%.
Der Umgang mit Stereotypen – Rollenbildern
Im ersten großen Panel wurde das Jahresthema der Konferenz verdeutlicht, welches sich um den Umgang mit Rollenbildern (Stereotype) drehte, bei dem u.a. auch Maria Furtwängler mitdiskutierte. Sie ging in dieser Runde auch auf eine Studie ein, die durch ihre Stiftung „MaLisa“ initiiert wurde. Untersucht wurde die audiovisuelle Diversität in den Medien und was dabei herauskam, überrascht nicht unbedingt: Rollenbilder werden in Film und Fernsehen reproduziert, es gibt verhältnismäßig mehr männliche Protagonisten und Figuren in Programmen für Kinder.
Auch das zweite große Panel drehte sich um Frauen in den Medien und mein persönliches Highlight war hier das Mitwirken von Teresa Bücker, der Chefredakteurin von Edition F. Dieses Onlinemagazin hat m.E. nach maßgeblich dazu beigetragen, dass das Thema des Feminismus in den letzten fünf Jahren in die breite, interessierte Öffentlichkeit getragen wurde. Sie steht auch dafür ein, dass Frauen sich nicht an männlich geprägte Unternehmensstrukturen anpassen sollten, um aufzusteigen, sondern das System selbst verändern können mit ihrer Art und Weise des kooperativen Führens und somit auf eine neue Führungskultur hinarbeiten sollten.
Nach zwei weiteren Panels an diesem Tag, in denen u.a. Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung oder auch Marion Horn, Chefredakteurin der BamS, über ihre Karrierewege (und die dort auftretenden Hürden und Diskriminierungen) berichteten, ging es zum Abendprogramm über, bei dem Comedienne Tahnee sowie Musikerin Leslie Clio auftraten.
Diskussionen zur Quote, Frauen in Parteien und gesellschaftlichem Engagement
Nach so viel Input, Anregungen und „Denkmaterial“ ging es an Tag zwei nach einem initiierenden Panel zum Thema „Machen Frauen anders Politik?“, bei dem im Übrigen absolut keine Einigkeit zum Thema Quote herrschte, in eher kleineren Runden weiter. Hier konnte man sehr angenehm mit den Vortragenden in eine Diskussionsrunde gehen. Wir mussten uns zwischen mehreren, parallel stattfindenden, Programmpunkten entscheiden, ich legte meinen Fokus auf die Politik.
Die engagierte Politikerin Katharina Schulze von den Grünen ermutigte Frauen, welche Energie haben für gesellschaftliches Engagement, dieses auf die politische Ebene zu lenken. Denn, wie unumstritten wichtig gleichwohl die Arbeit von Vereinen und NGOs sei, wer etwas verändern möchte, muss dorthin gehen, wo Veränderungen mithilfe von Mehrheiten entschieden werden können: das ist nun mal in der politischen Arena, so funktioniert die Demokratie unseres Landes. Und solange nicht mehr Frauen in den Parteien sitzen, solange wird auch der Anteil der Frauen im Bundestag nicht steigen.
Meine beiden Kolleginnen nahmen zeitgleich an einer anderen Gesprächsrunde teil. Christoph May (Institut für Kritische Männerforschung) hielt einen Vortrag zum Thema „So wird Mann Feminist“, und proklamierte damit, dass mehr Männer ihre privilegierte Stellung in Frage stellen sollten. Als Pro-Feminist sprach er offen über „Toxische Männlichkeit“, was nicht den Mann per se schlecht macht, sondern das aufdringliche, sexualisierte Dominanzauftreten einiger meint. Woher das überhaupt kommt und mit welcher Art von Rollenbild die Männer zu kämpfen haben, wurde ebenfalls thematisiert. Wen es interessiert, schau mal auf seinem Blog vorbei.
Zuletzt führte auch die Aktivistin Paulina Fröhlich, vom progressiven Zentrum Berlin sowie Mitbegründerin der Initiative „Kleinerfuenf“ vor Augen, dass das Thema Gleichberechtigung nur eines von vielen – wenn auch das meist diskutierte, weil es logischerweise die Hälfte der Bevölkerung betrifft – ist, im Kampf für unsere Demokratie.
Abschließend ein kritischer Blick
In diesem Zusammenhang verortet sich auch mein einzig kritischer Punkt, denn auch wenn es explizit um die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ging, also die klassisch binäre Geschlechterordnung im Blick, gibt es andere marginalisierte Gesellschaftsgruppen, welche ebenfalls von Diskriminierungen erfasst werden. So sprachen wir also neben Sexismus nicht über Homophobie, Rassismus und andere Diskriminierungskategorien. Auch das Thema Diversity gehört in diesem Kontext angesprochen.
Schlussendlich lässt sich konstatieren, dass diese Konferenz sehr viele kluge Frauen hat zu Wort kommen lassen und ich konnte für mich persönlich viel mitnehmen. Was zu denken gibt ist: diese Art Veranstaltungen werden natürlich wiederum in Kreisen der gebildeten weißen Oberschicht, welche schon mit Privilegien ausgestattet sind, verbreitet und besucht. Wünschenswert wäre mehr Diversität im Publikum und den Panelteilnehmenden. Und Männer könnten sicherlich auch viel lernen!
Vivien
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