Interview mit Anwalt Peter Hense zur Verwendung von Bildern im Web 2.0

Soziale Netzwerke sind bei Rechtsangelegenheiten immer ein heikles Thema. Immer wieder kommt es bei der Verwendung von Bildern, meist unbewusst, zu Urheberrechtsverletzungen. Damit dies nicht mehr passiert, haben wir Rechtsanwalt Peter Hense von der Rechtsanwaltskanzlei Spirit Legal LLP diesbezüglich ein paar Fragen gestellt.

1. Was muss ich beachten, wenn ich ein Foto auf Facebook oder auf einer anderen Plattform im Internet veröffentliche?

Peter Hense: Die Veröffentlichung von Fotos stellt Agenturen, Unternehmen und private Nutzer immer wieder vor große Herausforderungen. Zumindest sind das unsere Erfahrungen in der Branche. Das „Internet“ und damit alle seine Dienste wie das WWW und soziale Netzwerke, sind eben kein „rechtsfreier Raum“; im Gegenteil. Das Web ist auf Grund der technischen Möglichkeiten zur Überwachung schon heute wesentlich und dichter geregelt und damit viel gefährlicher, als es unser Offline-Leben je war. Es gibt zahlreiche Unternehmen und Anwälte deren Geschäftsmodell darin besteht, angeblich rechtswidrig verwendete Bilder, Texte oder Musikstücke abzumahnen, auch wenn die Kosten außer Verhältnis zu der Bagatellrechtsverletzung stehen, über die man im Einzelfall streitet. Leider sind unsere Gesetze auf dem Stand des 19. Jahrhunderts und bilden die Lebenswirklichkeit nicht mehr zutreffend ab.

Das Thema Bildrechte ist nicht nur ein weites Feld, sondern auch eine Sumpflandschaft, in der man schnell den Überblick verliert und versinkt. Klar, es gibt ein paar Grundregeln und Tipps, die jeder versteht und die das Leben leichter machen können. Doch bevor ich diese erläutere, möchte ich den Lesern zunächst einmal etwas Respekt einflößen vor der Komplexität dieses Themas.

Bei der Veröffentlichung von Bildern in Social Media Kanälen wie Facebook, Google+ und Twitter greifen in Deutschland sehr spezielle Gesetze ein, darunter

  • das Urhebergesetz (UrhG),
  • das Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) und mitunter auch
  • das Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (MarkenG).

Doch damit nicht genug.

Unabhängig von den Rechten an den betreffenden Bildern selbst sind auch noch die Inhalte der Bilder zu betrachten. Wenn man Personen abbildet, können deren Persönlichkeitsrechte betroffen oder gar verletzt sein. Allein zu diese schmalen rechtlichen Bereich der Berichterstattung werden viele dicke Bücher geschrieben. Noch spezieller und für viele überraschender wird es, wenn man feststellen muss, dass bestimmte technische Einrichtungen auf einem Bild eventuell als Geschmacksmuster oder dreidimensionale Marke geschützt sind und damit nicht ohne weiteres als Abbildung verbreitet werden dürfen.

 

Was muss man bei der Verwendung von Bildern z. B. auf Facebook beachten? Neben den Nutzungsbedingungen gelten u. a. auch Persönlichkeitsrechte.

 

Nicht zuletzt sollte sich jeder auch kundig machen, was die Nutzungsbedingungen des jeweiligen Netzwerkes erlauben und was nicht. Das betrifft insbesondere die Agenturen selbst, denn hier arbeiten Profis, auf deren Rat die Kunden vertrauen (dürfen). Gerade die unterschiedlichen ethischen und moralischen Standards dessen, was von internationalen Unternehmen noch als zulässiger Inhalt angesehen wird, stellen besonders hohe Anforderungen an die Prüfung von publizierten Inhalten. Dies betrifft insbesondere „reizende“ und damit potenziell virale Postings. Hier ist viel Fingerspitzengefühl gefragt und eben auch ab und zu ein Blick in die Nutzungsbedingungen der Netzwerke.

2. Welche Bilder darf ich eigentlich posten?

Peter Hense: Bilder, die ich selbst aufgenommen habe, sowie eigene Gemälde und Grafiken darf ich als Urheber grundsätzlich veröffentlichen. Außerdem alle die Bilder, deren Nutzung mir gestattet wurde – mündlich oder schriftlich (Gestattung, „Lizenz“). Letzteres ist eine reine Beweisfrage, für Gestattungen ist keine Form vorgeschrieben. Aber aufpassen! Einschränkungen können sich aus den Inhalten der Bilder ergeben, denn bei der Jagd nach Motiven heiligt der Zweck nicht alle Mittel. Nicht jeder Schnappschuss eines Paparazzo darf veröffentlicht werden, auch wenn er die Bilder selbst „erlegt“ hat.

Ein ganz klassische Beschränkung kommt aus dem Kunsturhebergesetz (§§ 22,23 KunstUrhG) als Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, welches aus dem US-amerikanischen „Right of privacy“ entstanden ist. Demnach steht jeder Person das „Recht am eigenen Bild“ zu. Dies bedeutet, dass grundsätzlich jeder selbst entscheiden kann, ob und wo ein Bild von ihm/ihr in welchen Medien aufgenommen und veröffentlicht wird. Da der Zeitungsblätterwald jedoch voll von Bildern bekannter Prominenter ist, ohne dass diese je einer Veröffentlichung zugestimmt haben, muss dieses Verbot natürlich Schranken kennen.

Und da wird es etwas anspruchsvoller, sprich: juristisch, denn wir begeben uns in die Abwägung von Rechtspositionen. Zur Rechtslage: Eine Veröffentlichung ist gem. § 22 Satz 1 KunstUrhG grundsätzlich nur mit der Einwilligung der abgebildeten Person möglich. Dieses Einwilligungserfordernis gilt sogar 10 Jahre über den Tod der abgebildeten Person hinaus und wird dann von dessen Angehörigen ausgeübt. Eine Ausnahme hiervon bildet wiederum der § 23 KunstUrhG, der Ausnahmen von § 22 KunstUrhG formuliert. Danach ist eine Einwilligung nicht erforderlich für:

  • Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte,
  • Bilder, auf denen Personen nur als Beiwerk erscheinen,
  • Bilder von Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen, an denen abgebildete Personen teilgenommen haben und
  • auf Bestellung angefertigte Bilder, sofern die Verbreitung einem höheren Interesse der Kunst dienen.

Trotzdem dürfen wiederum nicht alle Bilder veröffentlicht werden, die von der Ausnahme des § 23 KunstUrhG bezeichnet werden. Inhaltlich ist die Grenze ist dort zu ziehen, wo die Privat- bzw. Intimsphäre der abgebildeten Person betroffen ist.

Ein Beispiel für Personen der Zeitgeschichte: Ein Foto eines bedeutenden Politikers, welches ihn bei einer bedeutenden Rede zeigt, darf veröffentlicht werden, ohne dass dessen Einverständnis vorliegt. Befindet sich derselbe Politiker mit (s)einer Frau im Urlaub in einer abgelegenen Ecke des Hotel, so darf hiervon kein Bild gemacht werden (ebenso nicht von dessen Frau, die im Normalfall [noch] keine Person der Zeitgeschichte ist).
Bei Bildern von Versammlungen ist darauf Acht zu geben, dass die abgebildeten Personen nicht einzeln explizit herausgefiltert werden, sondern vielmehr in der Masse untergehen. Hier sollte stets mit Bedacht vorgegangen werden und im Zweifel lieber die Einwilligung des/der Abgebildeten eingeholt werden. Gerade bei Partybildern ist daher große Vorsicht geboten, denn kein Mensch will auf ewig bei Facebook in peinlicher Pose „getagged“ sein.

Grundsätzlich sollte man sich an den klugen Satz halten: „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu.

3. Welche Inhalte / Bilder darf ich auf meiner Facebook-Seite NICHT posten?

Peter Hense: Unabhängig von den Nutzungsbedingungen Facebooks dürfen keine Bilder veröffentlicht werden, die gegen geltendes Recht verstoßen (z. B. nationalsozialistische Zeichen, Pornografie).

Ebenfalls nicht erlaubt – das habe ich gerade erklärt– ist die Veröffentlichung von Fotos für die der Nutzer keine Einwilligung des Urhebers (Fotografen, Agentur etc.) hat. Hat der Urheber die Nutzungsrechte nicht oder nicht im erforderlichen Umfang (es gibt Bilder ohne Online-Rechte!) eingeräumt, so verstößt diese Art der Veröffentlichung gegen das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG) oder Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) des Urhebers. Eine Abmahnung einer solchen Verwendung kann dann teuer werden, bzw. bereitet sie viel Ärger.

Bei Abbildungen von bekannten Marken, ist auch ein Markenrechtsverstoß denkbar. Eine solche liegt gem. § 14 MarkenG dann vor, wenn es sich um ein Handeln im geschäftlichen Verkehr, ohne Zustimmung des Markeninhabers, für Waren oder Dienstleistungen und um eine Beeinträchtigung einer Markenfunktion handelt. Bei Facebook kann dieser Fall dann einschlägig sein, wenn z.B. bebilderte Produktwerbung im Rahmen von Beiträgen auf der „Fan“-Seite eines Unternehmens eingestellt wird. Hier muss vor allem bei Gewinnspielen, Verlosungsaktionen und gewerblichen Fanseiten aufgepasst werden. Jeder eBay-Händler kann ein Lied von den Untiefen der Produkt- und Markenfotografie singen. Das Internet ist voll von fatalen Geschichten, aus denen man nur lernen kann.

4. Was ist zu beachten, wenn ein „Fan“ oder ein Freund ein Foto auf meiner Seite postet?

Peter Hense: Diese Frage betrifft die Haftung des Inhabers der jeweiligen Seite (nicht des Plattformbetreibers). Grundsätzlich haftet jeder nur für die Veröffentlichung eigener Inhalte. Postet aber ein Dritter ein Bild auf meiner Pinnwand, welches die Rechte Anderer verletzt, kommt eine Haftung aus zwei möglichen Gesichtspunkten in Betracht. Erstens hafte ich dann, wenn ich mir die von Dritten erstellten Inhalte „zu eigen mache“. Dieser Fachbegriff bedeutet, dass ich fremde Inhalte nicht distanziert darstelle, sondern diese nach außen hin für andere als von mir stammende Inhalte ausgebe. Möglich ist dies z. B. auf Blogs durch eingebundenen Inhalt (sog. embedded content). Auf der Chronik von Facebook ist das „zu eigen machen“ eher schwierig, weil bei jedem Beitrag auf der Pinnwand der dazugehörige Name angezeigt wird und damit eindeutig erkennbar ist, wem der Inhalt zuzuordnen ist. Bei Pinterest könnte ein „Repin“ ein Zueigenmachen darstellen, bei Facebook sicherlich das „Teilen“ im eigenen Namen. Ein bloßer „like“ hingegen dürfte dafür noch nicht ausreichen, aber dazu gibt es schlicht noch keine gerichtlichen Entscheidungen, so dass man dazu fast jede Position vertreten kann. Soziale Netzwerke sind eben soziale Phänomene und die Interaktion auf Ihnen stark von Wertungen geprägt. Kontroversen über Social Media bleiben nicht ohne Auswirkung auf die Rechtswissenschaft, die selbst (nur) eine Sozialwissenschaft ist und von Wertungen lebt.

 

Quelle: Pinterest
Macht man sich durch einen Repin auf Pinterest ein Bild zu eigen? Die Rechtssprechung ist in diesem Fall bisher nicht deutlich.

 

Je nach Konstellation der beschriebenen Situation kann für den Seitenbetreiber eine Verantwortlichkeit im Rahmen der sogenannten Störerhaftung in Frage kommen. Der Bundesgerichtshof meint, dass man als Störer verantwortlich ist, wenn man „kausal an der Rechtsverletzung mitgewirkt hat und trotz Kenntnis es unterlässt, mit zumutbaren Handlungen die Störung zu beseitigen“. Einerseits muss man also Kenntnis vom rechtsverletzten Inhalt haben, andererseits die Möglichkeit, die Störung zu beseitigen (also den betreffenden Beitrag zu löschen). Der Inhaber des Facbook-Kontos, auf dessen Pinnwand ein rechtsverletzendes Bild durch einen Dritten veröffentlicht wird, muss über den Umstand der Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt werden, denn eine Überwachungspflicht besteht grundsätzlich nicht. Die gleichen Grundsätze gelten ebenso für die „Fanpages“ von Unternehmen. Wenn also jemand meint , er sei durch ein Bild auf meiner Seite in seinen Rechten verletzt, dann sollte ich das zumindest ernst nehmen, den Sachverhalt prüfen und gegebenenfalls spezialisierten Rechtsrat einholen.

Dafür sind wir Rechtsanwälte da, wir helfen gern.

Wir bedanken uns bei Peter Hense von der Rechtsanwaltskanzlei Spirit Legal LLP für das aufschlussreiche Interview und hoffen, dass wir vielen Nutzern sozialer Netzwerke damit helfen und möglicherweise offene Fragen beantworten konnten.

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Mario

Hallo, mein Name ist Mario. Als Praktikant habe ich von Februar bis Juli 2013 meine ersten Praxiserfahrungen im Bereich Online Marketing gesammelt. Hier gibt es alles zu lesen, was ich bei den Klickkomplizen gelernt habe - von Suchmaschinenmarketing bis Social Media Marketing.

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